Branchenstrukturanalyse (Five Forces) nach Porter

5 forces porter

Porter’s Five Forces sind der Klassiker schlechthin im strategischen Management. Meist wird das Modell jedoch sehr oberflächlich angewendet und sein Potenzial daher nicht ausgeschöpft. In diesem Beitrag gehen wir daher nicht nur auf das Grundmodell ein, sondern zeigen auch, wie es fundiert eingesetzt werden kann.

 

Die Branchenstrukturanalyse dient der Bestimmung der Attraktivität einer Branche. Hierzu werden die fünf Komponenten der Branchenstruktur („Five Forces") analysiert und bewertet: Verhandlungsmacht der Lieferanten, Verhandlungsmacht der Kunden, Bedrohung durch neue Wettbewerber, Bedrohung durch Ersatzprodukte und Wettbewerbsintensität in der Branche.

Das Branchenstrukturmodell bietet ein Analyseraster, mit dem die Struktur einer Branche und die Wettbewerbssituation systematisch untersucht werden können. Aus der Entwicklung der Wettbewerbssituation in einer Branche lässt sich ableiten, ob diese für das Unternehmen attraktiv ist, also eine langfristig profitable Entwicklung ermöglicht.

Grundlage des Modells von Porter ist der Ansatz der Industrieökonomik. Er geht davon aus, dass die Attraktivität einer Branche für ein darin tätiges Unternehmen durch die Marktstruktur bestimmt wird, da diese das Verhalten der Marktteilnehmer beeinflusst. Zur Bestimmung der Branchenattraktivität sind folgende fünf Komponenten der Branchenstruktur, die sogenannten „Five Forces", zu untersuchen:

  • Verhandlungsmacht der Lieferanten
  • Verhandlungsmacht der Kunden
  • Bedrohung durch neue Wettbewerber
  • Bedrohung durch Ersatzprodukte
  • Wettbewerbsintensität in der Branche

Jede der fünf Komponenten ist sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft zu bewerten, bspw. anhand einer Nutzwertanalyse. Eine Bewertung kann folgendermaßen aussehen:

Nutzwertanalyse

Im Folgenden werden die fünf Komponenten im Detail beschrieben.

Verhandlungsmacht der Lieferanten

Die Verhandlungsmacht der Lieferanten bestimmt, wie sehr diese ihre Interessen in einer Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen durchsetzen können. Eine hohe Verhandlungsmacht der Lieferanten wird in der Regel dazu führen, dass diese entweder höhere Preise verlangen oder schlechtere Qualität zum gleichen Preis liefern können. Da sich dies negativ auf das Gewinnpotenzial des Unternehmens auswirkt, ist eine Branche umso attraktiver, je geringer die Verhandlungsmacht der Lieferanten ist.

Indikatoren für eine hohe Verhandlungsmacht der Lieferanten sind

  • Hohe Differenzierung bei den Produkten der Lieferanten, z.B. wenn der Lieferant selbst eine starke Marke besitzt
  • Geringes Vorhandensein von Substituten
  • Hohe Umstellungskosten für den Abnehmer im Falle eines Lieferantenwechsels
  • Geringe Bedeutung des jeweiligen Einkaufs für den Lieferanten, d.h. das Einkaufsvolumen bei einem Lieferanten macht für diesen nur einen geringen Teil seines Gesamtumsatzes aus
  • Hohe kostenmäßige Bedeutung des Einkaufs für das Unternehmen: Entweder haben die Kosten einen hohen Anteil an den Gesamtkosten des Einkaufs des Unternehmens, oder das Vormaterial hat einen hohen Einfluss auf Kostenposition oder Differenzierungsmöglichkeiten
  • Hohe Lieferantenkonzentration: Eine oligopolistische (oder gar monopolistische) Marktstruktur bei den Lieferanten lässt dem Unternehmen wenig Ausweichmöglichkeiten zu alternativen Lieferanten und erleichtert es den Lieferanten, hohe Preise durchzusetzen
  • Geringe Gefahr der Rückwärtsintegration: Das Unternehmen kann nicht glaubhaft damit drohen, selbst die entsprechenden Vorprodukte herzustellen (zumindest weniger glaubhaft, als der Lieferant mit einer Vorwärtsintegration drohen kann)

Verhandlungsmacht der Kunden

Ebenso wie bei den Lieferanten bestimmt die Verhandlungsmacht der Abnehmer, wie sehr diese ihre Interessen in einer Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen durchsetzen können. Eine hohe Verhandlungsmacht der Kunden wird in der Regel dazu führen, dass diese entweder niedrigere Preise verlangen oder bessere Qualität zum gleichen Preis beziehen können. Ein solches Verhalten wirkt sich negativ auf die Gewinnaussichten des Unternehmen aus, weshalb eine Branche umso attraktiver ist, je weniger Verhandlungsmacht die Kunden haben.

Indikatoren für eine hohe Verhandlungsmacht der Kunden sind

  • Geringe Differenzierung bei den Produkten des Unternehmens und seiner Wettbewerber, z.B. im Fall von Massenware
  • Geringe Umstellungskosten für den Kunden im Fall eines Lieferantenwechsels
  • Hohe Verfügbarkeit von Substituten: Substitute sind verfügbar bzw. die Kunden haben ausreichend Kenntnis über alternative Lieferanten oder Vormaterialien
  • Hohe Bedeutung des jeweiligen Verkaufs für das Unternehmen, d.h. das Einkaufsvolumen eines Kunden macht einen hohen Anteil am Gesamtumsatz des Unternehmens aus
  • Geringer Einfluss des Produkts auf Kostenposition oder Differenzierungsmöglichkeiten der Kunden
  • Hohe Kundenkonzentration: Eine oligopolistische (oder gar monopolistische) Marktstruktur bei den Abnehmern lässt dem Unternehmen wenig alternative Absatzmöglichkeiten und erleichtert es den Kunden, niedrige Preise durchzusetzen.
  • Hohe Gefahr der Rückwärtsintegration: Das Kunde kann glaubhaft damit drohen, selbst die entsprechenden Produkte herzustellen

Bedrohung durch neue Wettbewerber

Der Markteintritt neuer Wettbewerber führt in der Regel dazu, dass sich der Preisdruck erhöht. Das Verhältnis von Angebot zu Nachfrage wird ungünstiger, um ihre Kapazitäten auszulasten und Kunden zu gewinnen werden die neuen Wettbewerber zu einem Absinken der Preise beitragen, was die Attraktivität der Branche senkt. Die Gefahr, dass neue Wettbewerber in den Markt eintreten, hängt ab von der Höhe der Markteintrittsbarrieren. Höhere Barrieren bedeuten für die bereits vorhandenen Wettbewerber eine geschütztere Position und erhöhen damit die Branchenattraktivität.

Typische Markteintrittsbarrieren sind

  • Skaleneffekte (Economies of Scale): Neue Wettbewerber erzielen meist zu Beginn ein geringeres Absatzvolumen als etablierte Unternehmen und haben somit einen Kostennachteil, falls Skaleneffekte in der Branche eine Rolle spielen
  • Absolute Kostenvorteile: Lernkurve auf Basis geschützter Produkte, geschütztes kostengünstiges Design, geschützter Zugang zu notwendigen Inputs (z.B. Rohstoffe)
  • Produktdifferenzierung erhöht häufig die Kundenbindung, weshalb es für neue Wettbewerber schwieriger ist, Kunden zu gewinnen
  • Kapitalbedarf: Ein hoher Investitionsbedarf, z.B. für Forschung und Entwicklung, Produktionsanlagen, Infrastruktur oder auch für Marketing, ermöglicht es nur kapitalstarken Unternehmen, in den Markt einzutreten. Außerdem erhöht der hohe Investitionsbedarf das Risiko beim Markteintritt, wodurch dieser unattraktiver wird
  • Umstellungskosten für die Kunden beim Lieferantenwechsel senkt deren Wechselbereitschaft
  • Zugang zu Vertriebskanälen: Sind wichtige Vertriebskanäle gebunden oder belegt, hat ein neuer Wettbewerber schlechte Absatzmöglichkeiten
  • Erwartete Reaktionen etablierter Wettbewerber
  • Staatseinfluss: Staatliche Beschränkungen, Auflagen und Reglementierung sowie Subventionen können den Markteintritt erschweren oder zu Nachteilen für neue Wettbewerber führen

Bedrohung durch Ersatzprodukte

Unter Ersatzprodukten werden Substitute im weiteren Sinn verstanden, d.h. Produkte, die zwar ähnliche Kundenbedürfnisse erfüllen, jedoch von den Kunden derzeit anders wahrgenommen werden, andere Kundengruppen ansprechen oder in anderen Regionen vertrieben werden. Solche Ersatzprodukte beeinflussen die Attraktivität einer Branche negativ, da Kunden bei Bedarf zu diesen Produkten wechseln könnten.

Einflussfaktoren auf die Bedrohung durch Ersatzprodukte sind

  • Preis-/Leistungsverhältnis der Ersatzprodukte im Vergleich zu den eigenen Produkten
  • Umstellungskosten für die Abnehmer bei einem Wechsel zum Lieferanten eines Ersatzprodukts
  • Kundeneinstellungen zu den Ersatzprodukten, z.B. ob Kunden diese überhaupt als solche wahrnehmen

Wettbewerbsintensität in der Branche

Als fünfter Faktor hat schließlich die Wettbewerbsintensität in der Branche (bei Porter als Rivalität unter den Wettbewerbern bezeichnet) Einfluss auf die Attraktivität der Branche. Eine hohe Wettbewerbsintensität manifestiert sich entweder als Preiswettbewerb (die Wettbewerber unterbieten sich bei den Preisen) oder als Leistungswettbewerb (die Wettbewerber überbieten sich hinsichtlich Produktqualität und Zusatzleistungen und steigern dadurch die Kosten). Beide Formen von Wettbewerb wirken sich negativ auf die Gewinnaussichten und damit auf die Marktattraktivität aus.

Wichtige Einflussfaktoren auf den Grad der Wettbewerbsintensität in der Branche sind

  • Anzahl der Wettbewerber: Eine hohe Anzahl von Wettbewerbern führt zu hohem Wettbewerbsdruck. Gemäß der makroökonomischen Theorie führt eine hohe Anzahl von Wettbewerbern dazu, dass annähernd zu Grenzkosten produziert wird und die Gewinne gering sind
  • Branchenwachstum: In schnell wachsenden Branchen ist der Wettbewerb oft geringer als in langsam wachsenden oder gar schrumpfenden Branchen, da eine Ausdehnung des eigenen Absatzes möglich ist, ohne Wettbewerbern Marktanteile abnehmen zu müssen
  • Überkapazitäten/Auslastung: Übersteigen die Kapazitäten die Nachfrage wesentlich, so werden die Anbieter darum kämpfen, eine hohe Auslastung zu erzielen. Dies führt zu Preisdruck und damit sinkender Branchenattraktivität
  • Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten: Bei hohen Fixkostenanteilen besteht ein starker Anreiz, eine hohe Auslastung zu erzielen, um wenigstens einen Teil der Fixkosten zu decken. Durch den hohen Angebotsdruck sinken die Preise dann häufig fast bis auf das Niveau der variablen Kosten
  • Austrittsbarrieren: Zum Abbau von Überkapazitäten ist häufig der Austritt von Wettbewerbern aus dem Markt notwendig. Dieser wird jedoch erschwert oder verzögert, wenn hohe Umstellungs- oder Stilllegungskosten auftreten, das Geschäftsfeld für die betreffenden Wettbewerber aus strategischen Gründen wichtig ist (bspw. Synergieeffekte mit anderen Geschäftsfeldern), oder Investitionen in der Vergangenheit zu einer (irrationalen) Bindung an das Geschäftsfeld führen („sunk costs")
  • Produktdifferenzierung: Unterscheiden sich die Angebote der Wettbewerber erheblich, sinkt die Austauschbarkeit der Produkte / Leistungen, wodurch auch der Preisdruck abgeschwächt wird

In folgendem Schaubild sind die fünf Komponenten der Branchenstruktur nochmals zusammengefasst.

Branchenstrukturanalyse

Interview mit Michael E. Porter

Michael E. Porter, der Urheber des Ansatzes selbst, erklärt das System der "5 Forces" und wie man es in der Praxis anwenden kann im Interview mit Tom Stuart, dem Geschäftsführer des Harvard Business Review.

Porter: The Five competitive Forces that shape Strategy

Der ursprüngliche Artikel von Michael E. Porter, in dem der Ansatz erstmals erklärt wird.

An Analysis of the Impact of the Internet on Competition in the Banking Industry, using Porter's Five Forces Model

Der Artikel bietet ein Anwendungsbeispiel der Branchenstrukturanalyse. Untersucht wird der Einfluss des Internet auf den Wettbewerb im Bankwesen.

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Nutzen Sie die oben dargestellten Folien für Ihre Anwendung.

Autor: Achim Sztuka

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